Soul Asylum – »Hurry Up And Wait«

Beitragsbild: Albumcover

Soul Asylum sind zurück. Okay, das stimmt jetzt nicht ganz. Denn genau genommen hatte sich die Band um Dave Pirner lediglich zwischen 1999 und 2005 aus der Musikwelt zurückgezogen. Bereits 2006 veröffentlichten Soul Asylum mit »The Silver Lining« wieder ein neues Album. Nur hat das hierzulande niemand mitbekommen, genauso wenig wie die Veröffentlichungen der darauffolgenden Alben »Delayed Reaction« (2012) und »Change Of Fortune« (2016). Das wird sich wahrscheinlich mit dem neuen Album »Hurry Up And Wait« auch nicht ändern. Was sehr schade ist. Aber jedenfalls habe ich sie nun wiederentdeckt.

Für mich waren Soul Asylum in den Neunzigern sehr wichtig. Die beiden Alben »Grave Dancers Union« (1992) und »Let Your Dim Light Shine« (1995) habe ich wirklich sehr oft gehört und sehr geliebt. Und auch der Backkatalog der Band aus Minneapolis, also die Veröffentlichungen zwischen 1984 und 1990, steht komplett in meinem Plattenregal. Auch live war die Band immer eine Wucht und für mich eine der besten Livebands auf diesem Planeten. Aber manchmal verliert man eine geliebte Band trotzdem irgendwann aus den Augen. Doch das neue Album »Hurry Up And Wait« hat uns jetzt wieder zusammengebracht.

Soul Asylum ist nicht mehr die Band, die sie früher war. Und das ist jetzt keine Wertung, sondern eine Tatsache. Im Jahr 2020 ist Dave Pirner das einzige Mitglied, das von der ursprünglichen Besetzung übrig geblieben ist. Und 36 Jahre nach ihrem Debütalbum und 27 Jahre nach ihrem Durchbruch mit »Grave Dancers Union« wäre es wirklich dumm zu erwarten, dass sie noch immer so klingen, wie in der Zeit, als Flanellhemden und zerrissene Jeans cool waren.

Die Songs auf »Hurry Up And Wait« sind um einiges eingängiger als früher. Für mich ist das aber nicht negativ zu bewerten. Denn dafür ist das Album viel zu gut. Dave hat ein echtes Talent entwickelt, Popmelodien mit großartigen Hooks zu schreiben. Das heißt aber nicht, dass es keine Rocknummern auf der Platte gibt, wie »Got It Pretty Good«, »Landmines«, »Freezer Burn« und »Hopped Up Feelin’« zeigen. Textlich zeigt »Hurry Up And Wait« die meiste Zeit Dave’s nachdenklichere und introspektivere Seite.

Und es gibt dieses Mal nicht nur ein oder zwei gute Tracks und ansonsten nur grundsolide Nummern, sondern »Hurry Up And Wait« hat fast durchweg sehr gute Songs zu bieten. Dabei kommen Songs wie »If I Told You«, »Social Butterfly« oder »Dead Letter« verdammt nah an die alte Stärke der 1990er-Alben heran, sehr viel näher als es Dave mit seinen Songs in den letzten Jahren geschafft hat. Ohne die Alben zwischen »Let Your Dim Light Shine« und »Hurry Up And Wait« schlecht zu machen, aber sie waren einfach nicht die Art von Alben, die man auch noch Jahre später wieder und wieder hört.

Man sollte dem Album wirklich eine Chance geben, denn »Hurry Up And Wait« ist tatsächlich eine erstaunlich gute Platte. Es ist das stärkste Soul Asylum-Album seit ihrer besten Zeit in den Neunzigern. Ich jedenfalls mag es sehr.

VÖ: 17. April 2020
Label: Blue Elan Records